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Amurru



In den ägyptischen Gebieten nördlich von Byblos bis südlich von Ugarit erstreckte sich Amurru als ein Gebiet, welches frei von bedeutenderen Stadtstaaten war. In Keilschrifttexten des späten dritten Jahrtausends v.u.Z. tritt Bezeichnung die Amurriter in keilschriftlichen Urkunden als nach Mesopotamien eindringende Halbnomaden auf. Amurru selbst wird zum ersten Mal in den Amarnabriefen erwähnt.Die geographische, topographische und politische Situation erschwerte aber vermutlich die Verwaltung dieses Gebiets. Händler und Reisende liefen Gefahr, von gesetzlosen Gruppierungen angegriffen und ausgeraubt zu werden. Sie waren leichte Beute für Halbnomaden, die unter dem Namen Habiru (akkadisch: Apiru) bekannt wurden. Viele Bibelhistoriker nehmen an, dass Habiru-Elemente im Zuge der archäologisch nicht belegbaren Landnahme im späteren Israel aufgegangen sind. Offenbar vergrößerten sich die Habiru, indem sich immer mehr Menschen und kleinere Gruppierungen ihnen anschlossen und mit Einsetzen der Amarna-Korrespondenz trat ihr Anführer Abdi-Aširta ( um 1380 v.u.Z.) bereits als richtiggehender “Warlord” in Erscheinung. Als Herr eines nicht als Stadtstaat organisierten Gebietes gilt Abdi-Aširta damit als Prototyp eines solchen Habiru-Führers. Geographisch grenzte das nominell ägyptische Gebiet an das hethitische Reich, das sich ebenfalls darum bemühte, nach Vorderasien zu expandieren.

Als Verwaltungszentrum der Gegend diente die Stadt Sumur (möglicherweise mit Tell Kazel zu identifizieren. Dort war offensichtlich Amtssitz des “Kommissars” (rabisu) Paḫamnata, es befand sich ein Palast des Pharao (EA 62,15ff), die Stadt war befestigt (EA 81,49) und hatte eine ägyptische Besatzung (EA 62,23 und EA 67,10).

Hauptwiderstand gegen Abdi-Aširtas Eroberungen ging von Rib-Addi von Byblos aus. Durch Abdi-Aširtas Expansion wächst der Druck auf Byblos und so sendet Rib-Addi mit wachsender Panik Hilferufe an den ägyptischen Hof. Rib-Addi gerät immer mehr unter Druck. Nur knapp entgeht er einem Mordanschlag (EA 82) und droht Ägypten, Byblos selbst aufzugeben und sich Abdi-Aširta anzuschließen (EA 82 und 83).

aus EA 73: ... Warum bleibst du still und sprichst nicht zum König, deinem Herrn, damit du mit regulären Truppen ausziehen und über Amurru herfallen kannst? Wenn sie hören, dass reguläre Truppen ausziehen, werden sie ihre Städte verlassen und desertieren. Kennst du nicht Amurru, (und) dass sie dem Starken folgen? Und jetzt schau: sie mögen Abdi-širta nicht. Wie behandelt er sie? Sie ersehnen Tag und Nacht den Auszug der regulären Truppen, und ich werde mit ihnen tun; auch alle Stadtfürsten sehnen sich danach, dies gegen Abdi-Aširta zu unternehmen; denn er hat den Männern der Stadt Ammija geschrieben: „Tötet euren Herrn und schliesst euch den ˁapiru-Männern an!“ Daher sagen die Stadtfürsten: „Er wird uns genauso behandeln, und alle Länder werden sich den ḫapiru-Männern anschliessen.“

Abdi-Aširta dagegen beteuert dem ägyptischen König immer wieder seine Loyalität und bittet um Anerkennung als Vasall (EA 60, u.a.). Aber immer mehr Städte an der libanesischen Mittelmeerküste fallen in die Hände Abdi-Aširtas und schließlich gelangt er bis vor Byblos (EA 88). Schließlich nimmt auch Japa-Hadda, der Stadtfürst von Beirut und früherer verbündeter Abdi-Aširtas die Haltung von Rib-Addi ein und schreibt in Besorgnis über die politische Lage in Amurru (EA 98).

Irgendwann wird den Ägyptern das Treiben des Abdi-Aširta doch zu viel und der ägyptische König (vermutlich Amenophis IV.) schickt Truppen gegen ihn. Dieser wird gefangen genommen und stirbt darauf aus unbekannten Gründen. (EA 101) Offenbar geht der ägyptische Feldherr allerdings nicht mit voller Entschlossenheit vor und so können die Söhne Abdi-Aširtas das Werk ihres Vaters fortführen (EA 104). Ganz der Vater, betreibt auch Abdi-Aširta Nachfolger Aziru eine Expansionspolitik und Stadt um Stadt fällt wieder in die Hände von Amurru, und auch er rechtfertigt sein Tun, dass er in ägyptischem Interesse handle und schwört dem Pharao seine Treue (EA 156).

Der Forderung des Pharaos, zur Audienz nach Ägypten zu kommen, widersetzt sich Aziru vorerst erfolgreich (EA 156). Schließlich ist er der Bitte aber doch nachgekommen, wie wir aus EA 161 erfahren.

Rib-Addi wird von seinem Bruder gestürzt und bittet letztlich sogar um Zuflucht bei Aziru. Dieser liefert aber den ehemaligen Fürsten von Byblos an die Herrscher von Sidon aus (EA 137), wo Rib-Addi wohl auch seinen Tod findet. Bis zuletzt beteuert Aziru seine Treue dem Pharao gegenüber (EA 166), wechselt aber angesichts der immer weiter vorrückenden Hethiter das Lager und schließt mit Šuppiluliuma I. einen Vertrag (Echnaton-Zeit). Eine akkadische und eine hethitische Version des Vasallenvertrags zwischen Aziru und Šuppiluliuma I. wurde in den Archiven Hattušas gefunden (CTH 49).

Nach der Schlacht bei Kadesch verbündete sich Amurru abermals mit den Hethitern. Zur Zeit von Ramses III. wurde Amurru von den Ägyptern geschlagen. Nicht ganz klar ist, ob der Staat auf Seiten der Seevölker kämpfte. Zwar wird von einem Sammeln der Seevölker in Amurru im achten Jahr von Ramses III. berichtet, was auf Kämpfe hindeuten könnte. Auf einem Relief im Totentempel des Ramses III. wird der „elende Fürst von Amurru“ jedoch zusammen mit anderen besiegten Feinden Ägyptens abgebildet.


Brief EA 073 Rib Addi, Louvre AO7093


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