Aus AOAT 358; "Tempel und Palast. Die Beziehungen zwischen dem König und dem Eanna-Tempel im spätbabylonischen Uruk. Veröffentlichungen zur Wirtschaftsgeschichte im 1. Jahrtausend v.Chr. Band 3"; Kristin Kleber; 2008
Die Führung des Inanna Tempels in Uruk wurde in Regel von einflussreichen Familien aus Uruk gestellt. Das war wohl auch schon in den vorigen Jahrtausenden so, soweit man das nachvollziehen kann.
Zusätzlich wurde die Führung auch vom Palast mit Beamten des Königs unterstützt.
Diese Beamten waren von der zweiten Ebene an abwärts eingesetzt.
Je nach politischer Lage wurde der Einfluss der Beamten verstärkt oder abgeschwächt, so dass der König seinen Einfluss immer sichern konnte.
Auch diese königlichen Beamten waren wohl schon vorher üblich.
Damit können ernsthafte Spannungen zwischen dem königlichen Hof und dem Tempel nahezu ausgeschlossen werden, auch wenn solche früher gerne behauptet wurden und immer noch gerne konstruiert werden.
Auch wenn Uruk schon sehr lange fremdbeherrscht wurde, so hatte die Stadt noch immer einen sehr großen Einfluss. Nebukadnezar II. z.B. soll aus Uruk stammen. Was man auch an seiner ungewöhnlichen Verbundenheit zum Tempel in Uruk erkennen kann.
In späteren Schriften wird in der Regel heftig über Nabonid hergezogen. Diese Texte werden als reine Propaganda verstanden. Allerdings kann man erkennen, dass der König sehr intensiven Einfluss auf den Tempel hatte, d.h. er hatte die Führungsriege mehrfach intensiv umgebaut. D.h. wohl, dass es durchaus Spannungen gab! U.a. wohl auch, weil Nabonid dem Mondgott deutlich mehr Gewicht gab.
Es gab damals einen Ausdruck "Das Wort an den König" oder "den Herrn/Gott" richten. Gemeint war damit die Überweisung einer Rechtsfrage an eine höhere oder spezielle Instanz.
Es gab da z.B. einen Fall, wo ein Bauer seine Pacht wegen schlechter Ernten etc. mehrere Jahre nicht zahlen konnte. Der Tempel verklagte den Bauern und wollte wohl eine Pfändung und Schuldsklaverei erwirken. Normalerweise wurden solche Rechtsfragen lokal in Uruk durch den Tempel geklärt. Die nächst höhere Instanz wäre der Hof des Königs in Babylon gewesen, zuständig für Mord, schweren Betrug, Diebstahl von Tempeleigentum usw.
Der Bauer richtet dann "Das Wort an den König", d.h. er erwirkte eine Überweisung seines Falls an den Hof. Der König bzw. einer seiner Gelehrten antwortete "Der Mann gebe dem Tempel was er kann. Dann lasse man ihn in Ruhe!" Also hat der König dem Bauern seine Pachtschulden erlassen!
Kommentare
Kommentar veröffentlichen