Howard Carter (1874 -1939), wurde 1922 durch die Entdeckung des nahezu unberaubten Grabes des Tutanchamun (KV62) im Tal der Könige in West-Theben bekannt. Darüber schroeb er dann in einem seiner Bücher:
"Das Grab des Tut-ench-Amun"
(Textauszug aus der Einleitung des Buches)
Im 16. Jahrhundert v. Chr. gelang es oberägyptischen Fürsten die Hyksos zu vertreiben, ein asiatisches Volk, das Ägypten länger als ein Jahrhundert in Besitz hatte. Als Könige einer neuen, der 17. Dynastie gaben sie Ägypten seine Unabhängigkeit zurück. Mit der Vertreibung der Hyksos und der Wiederherstellung des Staates begann die dritte Blütezeit des Pharaonenreiches, das »Neue Reich«, und an Stelle von Memphis wurde jetzt Theben die Hauptstadt. Mit König Thutmosis I. kam die 18. Dynastie auf den Thron. Am Ende dieser Dynastie, die das Niltal von 1580 bis 1350 v. Chr. beherrschte, stehen die Königsgestalten des religiösen Reformators Echnaton (Amenophis IV.) und des Tut-ench-Amun.
Im Jahre 1375 v. Chr. kam Amenophis IV., der mit Nofretete vermählt war, zur Herrschaft. Gleich nach seinem Regierungsantritt begann er die ägyptische Religion zu reformieren, und statt des Nationalgottes des Neuen Reiches, Amun, wurde Aton zum Hauptgott erklärt. König Amenophis nannte sich nunmehr Echnaton, verließ die alte Hauptstadt Theben und gründete in dem jetzigen El-Amarna-Gebiet eine neue Residenz, in die mit der neuen Religion auch eine neue Kunst ihren Einzug hielt. Echnatons älteste Tochter war mit Sakerç vermählt, und seine dritte Tochter, Anches-en-paton, hatte einen anderen seiner Günstlinge, Tut-ench-Aton, zum Gemahl. Nach dem Tode Echnatons übernahm Sakerç die Regierung, aber im Verlaufe der nun einsetzenden Gegenreformation wurde er gestürzt, und Tut-ench-Aton bestieg den Thron.
Tut-ench-Aton blieb zunächst in El-Amarna und suchte die Aton-Lehre aufrechtzuerhalten. Als jedoch die Gegenreformation immer größeren Umfang annahm, bekannte er sich mit seiner Gemahlin zur Religion des Amun. Das Königspaar änderte seine Namen in Tut-ench-Amun und Anches-en-Amun und verlegte das Hoflager von El-Amarna nach Theben zurück.
Von Tut-ench-Amun wissen wir nur wenig, viel weniger als von manch anderem Pharao, dessen Name weniger berühmt geworden ist, denn die Zahl historischer Denkmäler und Urkunden, die über ihn berichten, ist verschwindend klein. Aus seinem Grab ist wenig Neues hinzugekommen. Was er war und was er tat, bleibt uns unbekannt. Wann seine Verheiratung stattgefunden hat, ist nicht sicher. Anches-en-Amun war höchstens zehn Jahre alt, Tut-ench-Amun wahrscheinlich kaum dem Knabenalter entwachsen. Schon mit 17 oder 18 Jahren wurde Anches-en-Amun Witwe. Viel länger als sechs Jahre kann die Regierung von Tut-ench-Amun nicht gedauert haben. Nach seinem Tode folgte ihm Eje auf den Thron. Die Feier bei der Bestattung Tut-ench-Amuns hat König Eje geleitet. Zwischen Tut-ench-Amuns Tod und seiner Beisetzung mögen etwa zwei Monate vergangen gewesen sein.
Für die alten Ägypter war es von größter Wichtigkeit, daß ihre Leiche unentweiht an dem für sie bestimmten Platz ruhen blieb. Die früheren Könige hatten dies zu erreichen geglaubt, indem sie wahre Berge von Steinen in Gestalt von Pyramiden über ihrem Grab errichteten. Jedoch genau das Gegenteil des Beabsichtigten war die Folge. Gerade die Pracht des Grabdenkmals brachte Verderben: Die Mumien wurden in ihrer Ruhe gestört, die Schätze gestohlen. Bei Beginn der 18. Dynastie gab es in ganz Ägypten kaum ein Königsgrab, das nicht beraubt worden war – für einen Herrscher, der seine letzte Ruhestätte aussuchen sollte, ein grausiger Gedanke. Es schien nur eine Lösung möglich: Geheimhaltung.
Amenhotep I. tat den ersten Schritt in dieser Richtung. Er errichtete sein Grab in einiger Entfernung von seinem Totentempel, unter einem Felsen verborgen, auf einem der Hügel von Dra-abu'l-naga, nicht weit von Theben. Sein Nachfolger Thutmosis I. ging bedeutend weiter. Durch seinen obersten Baumeister ließ er in aller Heimlichkeit, ganz versteckt in einer Ecke am äußersten Ende eines einsamen Tales, halb verborgen unter einem vorspringenden Felsen, ein Felsengrab aushauen. Es ist das erste Grab, das je in dem später so berühmt gewordenen »Tal der Könige« gebaut worden ist. Als das Grab 1899 entdeckt wurde, war allerdings wenig mehr als der leere Steinsarg darin enthalten. Die Nachfolger von Thutmosis I. sowie die Könige der 19. und 20. Dynastie wurden alle im »Tal der Könige« bestattet. (Abb. 1 u. 2.) In diesem Talende, jedem Laut des Lebens fern, wo das »Horn«, die höchste Spitze der thebanischen Hügel, gleich einer natürlichen Pyramide Wache hält, ruhten dreißig Könige, unter ihnen die größten, die Ägypten jemals kannte.
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