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Frauen im alten und kaiserlichen China


Die chinesische Geschichte kannte zwar durchaus herausragende und sogar mächtige Frauen, doch nach der traditionellen Geschlechterrolle der Frau sollte sie innerhalb ihres Heims bleiben und nur dort arbeiten, möglichst ungebildet sein und sich den männlichen Familienmitgliedern unterordnen. Die Lehren des staatstragenden Konfuzianismus, die sich im Laufe der Zeit verhärteten, werden als wichtigster Faktor in der Unterdrückung der Frau wahrgenommen. In einer viele Jahrhunderte währenden Entwicklung wurden Frauen allmählich weiter degradiert: Sie durften keinen Besitz haben, mussten sich die Füße verstümmeln und wurden nicht als eigenständige Personen, sondern sogar als Handelsware betrachtet. Zwar gab es innerhalb der Kulturen Chinas durchaus Ausnahmen sowie auch staatliche Reformversuche, doch substantielle Verbesserungen in der Situation der Frau kamen erst mit der chinesischen Revolution.

In der vorkonfuzianischen Zeit nahmen Frauen aktive Rollen quer durch die Gesellschaft ein und Geschlechterrollen waren nicht stark ausgeprägt.


Im I Ging (Buch der Wandlungen, 1. Jahrtausend v.u.Z.) werden die Wirkungsbereiche von Frauen und Männern wie folgt aufteilt: Das Dunkle Weibliche (yin) soll verborgen im Innern/Schatten des Hauses bleiben; das Helle Männliche (yang) bewegt sich im Licht außerhalb des Hauses und somit in der Öffentlichkeit (nü zhi nei nan zhi wai). Weitere Aspekte dieses Symbolismus geben der Frau die Rolle des nachgiebigen, empfangenden, ruhigen und passiven Partners.

Der Legalismus und Mohismus (ca. 480-220 v.u.Z.), als Vorläufer des Konfuzianismus, propagierten eine Geschlechtertrennung zur Ordnung der Gesellschaft: „Männer pflügen, Frauen weben“. Dieser Grundsatz blieb kennzeichnend für fast alle Epochen der chinesischen Geschichte. Zentrales Element der Hausarbeit einer Frau war die Textilverarbeitung:

„Die Frauen erheben sich, wenn es Tag wird, und schlafen erst des Nachts. Sie spinnen und weben und ordnen die Hanf-, Seiden- und Bastfäden, die sie zu Geweben und Seidenstoffen verarbeiten. Das sind ihre Pflichten.“ – Mozi (Mohismus)

Durch den Konfuzianismus wurde die Frau zur Untergebenen des Mannes. Diese autoritäre Hierarchie wurde innerhalb der Frauenwelt fortgedacht: Die Hausherrin bzw. die Hauptfrau gebot über die ihr untergebene Verwandtschaft und Dienerschaft bis hinunter zur Sklavin

Durch Menzius (um 370 v.u.Z.) wurden Regeln des dreifachen Gehorsams aufgestellt: Vor der Heirat sollte sich eine Frau gegenüber den Eltern zu Ehrfurcht und Gehorsam verpflichten; nach der Heirat gegenüber dem Mann; nach dem Tod des Mannes gegenüber dem männlichen Nachwuchs. Aber den Regeln des Menzius zum Trotz übernahm regelmäßig die Mutter eines minderjährigen Herrschers auch die Regentschaft oder übte zumindest großen Einfluss auf dessen Politik aus

Das "Buch der Riten" (ca. 2. Jahrhundert v.u.Z) gebot weitere Beschränkungen: Frauen sollten nicht an öffentlichen Angelegenheiten teilnehmen und ihr Wort dürfe nicht über die Türschwelle dringen. Einfalt und Bildungslosigkeit seien Ideal und Tugend der Hausfrau. Umgekehrt gab es für Männer keine grundsätzlichen Verpflichtungen gegenüber Frauen, abgesehen von der Pflicht für die Eltern im Alter zu sorgen, also auch für die Mutter.

Lediglich Musikerinnen, Tänzerinnen, Kurtisanen usw. sollten in ästhetischen Künsten gebildet und unterwiesen werden – diese Dienstleisterinnen wurden daher aber für die häusliche Rolle der Frau als unbrauchbar erachtet. Früheste Zeugnisse für Prostitution finden sich seit der Zhou-Zeit ( 1045 bis 771 v.u.Z.); anders als in Europa wurde sie offen toleriert, auch wenn sie der häuslichen Frauenrolle und der konfuzianischen Moral widersprach.

Dem Mann standen sieben Gründe offen, seine Frau zu verstoßen: Nichtgebären eines Sohnes, lockerer Lebenswandel, mangelnder Diensteifer gegenüber Schwiegereltern, Schwatzhaftigkeit, Diebstahl, Eifersucht und unheilbare Krankheit.


„Wie traurig ist es, als Frau geboren zu sein,
nichts auf Erden wird so gering eingeschätzt!
Geborene Jungen erscheinen wie Götter in irdischer Form.
Ihre Herzen trotzen den vier Meeren, dem Sturm und dem Staub von zehntausend Meilen.
Niemand aber freut sich über die Geburt eines Mädchens,
die Familie legt keinen Wert darauf.
Wird es größer, versteckt es sich in der Kammer,
zu ängstlich, um einem Mann in sein Gesicht zu blicken.
Niemand weint, wenn es schließlich aus dem Hause verschwindet – plötzlich wie eine Wolke nach dem Regen.
[…]“ – „Harte Zeit“ Fu Xuan (217–278)



Bild: Holzschnitt aus dem "Lienü Zhuan"







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Die Biografien vorbildlicher Frauen (Lienü Zhuan) ist ein Buch, das der Gelehrte Liu Xiang (77-6 v.u.Z.) aus der Han-Dynastie zusammengestellt hat. Es ist das früheste erhaltene Buch in der chinesischen Tradition, das ausschließlich der moralischen Erziehung von Frauen gewidmet ist und enthält 125 biografische Berichte über vorbildliche Frauen im alten China. Das Buch diente zwei Jahrtausende lang als konfuzianistisches Standardlehrbuch für die moralische Erziehung von Frauen im traditionellen China. Die frühen Holzschnittausgaben des Lienü zhuan befinden sich im Besitz der Nationalbibliothek von China.

Biografie zehn des vierten Kapitel von Lienü zhuan, "Der Keusche und Gehorsame" liefert Informationen über den philosophischen Kontext des ethisch motivierten Suizids im frühen China. Die Biographie erzählt, dass der König von Chu einmal auf eine Vergnügungsreise ging und seine Frau Jiang auf der Jian-Terrasse zurückließ und ging. Der König, der hörte, dass der Fluss stieg, sandte einen Beamten, um seine Frau wegzubringen, aber der Beamte vergaß, sein Kommissionssiegel mitzubringen. Der Beamte kam und bat die Königin, wegzukommen, aber die Frau antwortete: "Der König hat eine Vereinbarung mit seiner Frau, dass, wenn er den Befehl gibt, jemanden aus dem Palast zu rufen, er das Auftragssiegel benutzen muss. Jetzt trägt der Beamte das Siegel nicht bei sich und so traue ich mich nicht zu gehorchen." Der Beamte, der sich verabschiedete, sagte: "Jetzt steigt der Fluss sehr hoch und wenn ich zurückkehre, um das Siegel zu holen, fürchte ich, dass es zu spät sein wird." Die Frau sagte: "Ich habe gelernt, dass die Pflicht der keuschen Frau nicht darin besteht, eine Vereinbarung zu brechen; der tapfere Mensch hat keine Angst zu sterben. Ich werde meine Keuschheit bewahren, und das ist alles. Ich weiß, wenn ich dem Beamten folge, werde ich leben; wenn ich bleibe, muss ich sterben. Aber auf der anderen Seite ist es nicht so gut, eine Vereinbarung zu brechen und die Gerechtigkeit zu verletzen, um hier zu bleiben und zu sterben." Da dies der Fall war, ging der Bote, um das Siegel zu bringen. Dann stieg der Fluss sehr hoch, die Terrasse bröckelte, und die Frau wurde in der Flut weggetragen und starb. Der König sagte: "Ah, meine Frau! Indem du die Gerechtigkeit bewahrt hast, bist du für eine Regel der Keuschheit gestorben. Sie würden das Leben nicht gegen eine unangemessene Handlung eintauschen; Sie haben unsere Zustimmung eingehalten und die Loyalität bewahrt, um Ihre Keuschheit zu vervollkommnen."
(vgl.: Lie Nü Zhuan : 貞順 : 楚昭貞姜 - Chinese Text Project (ctext.org))

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