Mit Wachs überzogene Schreibtafeln
Ton war nicht das einzige Schreibmedium, das den assyrischen Schreibern zur Verfügung stand. Während Gedenk- und Widmungsinschriften in alle möglichen Materialien, einschließlich Gefäße und Stein, eingeritzt wurden, spielten hölzerne Schreibtafeln eine wichtige Rolle für administrative Zwecke und Bibliothekstexte. In einen hölzernen Rahmen wurde eine dünne Wachsschicht eingelegt und die Schrift mit einem hölzernen (oder metallenen) Griffel eingedrückt; je nachdem, wie geschmeidig die Wachsschicht durch Zugabe von Paraffin gemacht worden war, kann auch ein Rohrgriffel funktioniert haben. Es sind einzelne Blätter bekannt, aber häufiger wurden zwei Blätter mit Scharnieren verbunden, so dass eine doppelte Schreibtafel entstand, die zum Schutz der Wachsoberflächen geschlossen werden konnte. Schreibtafeln konnten auch aus mehreren mit Scharnieren verbundenen Blättern bestehen, die sich wie eine Ziehharmonika zusammenfalten ließen. Luxusversionen solcher Schreibtafeln wurden aus Elfenbein gefertigt, wovon mehrere assyrische Beispiele in Assur und Calah erhalten sind. Eine solche Elfenbeinschreibtafel aus Kalah, die heute im Ashmolean Museum in Oxford ausgestellt ist, wurde von Agatha Christie, die als Ehefrau des Archäologen Max Mallowan viele Jahre auf Ausgrabungen im Nahen Osten verbrachte, aus vielen Fragmenten wieder zusammengesetzt.
Die Tatsache, dass ihre Wachsoberfläche im Gegensatz zu Ton nicht austrocknete und sich leicht ausradieren ließ, trug insbesondere in der Verwaltung zur Attraktivität dieser Schreibgeräte bei. Ihr Einsatz dort wird durch die häufige Darstellung auf assyrischen Palastreliefs belegt. Typischerweise wird da ein Schreiberpaar dargestellt, das Waren, wie Kriegsbeute usw., registriert. Einer der beiden Schreiber schreibt in der Keilschrift und benutzt entweder eine Tontafel oder eine Schreibtafel.
Lederne Schriftrollen und die alphabetische Schrift
Der andere Schreiber hingegen schreibt mit einem Stift auf einer Lederrolle; es ist äußerst unwahrscheinlich, dass er die Keilschrift verwendet, die für die Aufzeichnung auf einer flachen Schreibfläche recht umständlich ist. Dieser Schreiber ist höchstwahrscheinlich in der aramäischen Sprache abgebildet und verwendet eine alphabetische Schrift, die eng mit dem phönizischen und griechischen Alphabet verwandt ist, von dem sich unser modernes Schriftsystem letztlich ableitet. Aus dem alten Assyrien sind keine originalen Lederrollen erhalten, aber die häufigen Hinweise auf "aramäische Schreiber" zeigen, dass ihre Dienste weit verbreitet waren, nachdem dieses Schriftsystem im frühen ersten Jahrtausend v.u.Z. aus dem Westen in Mesopotamien eingeführt worden war.
Das beliebteste Schreibmaterial: Tontafeln
Das häufigste Schreibmaterial im alten Mesopotamien blieb jedoch der allgegenwärtige Ton, der leicht an den Flussufern zu finden war und mit einem Griffel, der in der Regel aus dem ebenfalls allgegenwärtigen Schilfrohr hergestellt wurde, beschrieben wurde. Der Ton wurde zu Tafeln geformt, deren Größe, Form und Anordnung eng mit ihrer Funktion und ihrem Inhalt verbunden war. So ist es beispielsweise möglich, die Art eines Rechtsdokuments allein anhand seiner Form zu bestimmen, ohne ein einziges Wort zu lesen, da verschiedene Formate für bestimmte Zwecke reserviert waren. Die an die assyrischen Könige gerichteten astrologischen Berichte und extispizischen Anfragen haben typischerweise die Größe und Form eines Mobiltelefons, wobei die Schrift parallel zur Längsseite verläuft.
Briefumschläge
Wie moderne Briefe wurden auch die assyrischen Gelehrtenbriefe in einen Umschlag gesteckt, der allerdings aus einer dünnen Tonschicht bestand und mit dem Siegel des Absenders versiegelt (und damit authentifiziert) wurde. Der Umschlag enthielt außerdem den Namen des Absenders und des Empfängers sowie in der Regel einen kurzen, formelhaften Gruß; diese Angaben werden am Anfang des Briefes selbst wiederholt. Nur sehr wenige dieser Umschläge sind erhalten geblieben, denn um den Brief zu lesen, musste der Umschlag entfernt werden - man denke an das Knacken einer Walnuss. Die einzigen Beispiele für erhaltene Umschläge stammen daher von Briefen, die von ihren Empfängern nie gelesen wurden.
Aufbewahrung
Die Tontafeln wurden nur selten absichtlich gebrannt. Nach Ablauf ihrer Nutzungsdauer konnten sie durch Einweichen in Wasser recycelt, als Bauschutt wiederverwendet oder einfach weggeworfen werden. Aber wichtige Texte wie die Briefe, Anfragen und Berichte der königlichen Gelehrten Assyriens mussten zu Referenzzwecken archiviert werden. Um den Zugang zu erleichtern, wurden sie nach ihrem Inhalt geordnet, wobei man die assyrische Art von Aktenschränken benutzte: Körbe, Ledersäcke und Holzkisten, die manchmal mit Tonschildern versehen waren. Die Schränke haben die Zerstörung durch das Feuer nicht überlebt, aber die Tontafeln und die Etiketten sind erhalten geblieben. Die Tafeln der Gelehrten, wie Omenkataloge, medizinische Kompendien und Rituale, wurden routinemäßig kopiert, wenn sie alt und brüchig waren, um das darin enthaltene Wissen zu bewahren.
Die Tontafeln der königlichen Archive und Bibliotheken überlebten die Zerstörung von Ninive im Jahr 614 v.u.Z, die anderen Schreibmaterialien jedoch nicht. Die mit Wachs überzogenen Schreibtafeln aus Holz oder Elfenbein gingen in den Flammen unter, ebenso wie die ledernen Schriftrollen und die Papyri TT, über deren Anwesenheit in Assyrien neben ägyptischen Schreibern und Gelehrten wir nur aus zeitgenössischen Berichten wissen.
Bild: Ein Schreiberpaar, einer mit einer Tontafel, der andere mit einer Schriftrolle; Detail aus der Steinverzierung des Zentralpalastes von Tiglath-Pileser III. in Nimrud (BM ANE 118882). Foto von Eleanor Robson
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