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Entwicklung des Sintflutmythos

Epen wie Eridu-Genesis, Atramhasis und Gilgamesh berichten von der Sintflut. In einigen Texten trat sie als Synonym für totale Zerstörung durch Kriege auf. Berichte über diese Flut finden sich jedoch erst in späteren Überlieferungen, womit die Flut wohl nicht zum ursprünglichen Kernbereich der sumerischen Mythologie gehört hat. Das sumerische wort "a-ma-ru" ("Flut") lässt sich erst ab Texten Gudeas von Lagash (ca. 2141- 2122 v.u.Z.) belegen und scheint erst damit als "globales Zerstörungswerk" Eingang in die Literatur gefunden zu haben. Lokale Überschwemmungen von Euphrat und Tigris dürften dabei als Vorbild gedient haben. Während der Isin-Larsa-Zeit (ca. 2000-1800 v.u.Z.) erfuhr das Flutmotiv dann eine weite Verbreitung.

Der ausführlichste Bericht über die Flut und die Zeit davor liegt uns im altbabylonischen Atramhasis-Epos vor, der uns vom Schreiber Nur-Aja aus der Regierungszeit von Ammisaduqas (1646-1626 v.u.Z.) vorliegt, aber teilweise die Geisteshaltung des 3. Jt. v.u.Z. wiedergibt und wohl auf eine akkadische Variante um 1800 v.u.Z. zurückgeht.  Enlil, der durch den Lärm der Menschen genervt ist, versucht erst durch eine Epidemie zu dezimieren, doch Atramhasis, ein Diener Enki´s, wird gewarnt und kann die Not abwenden. Ein zweites Mal versucht Enlil durch eine Dürre die Menschheit zu dezimieren, doch wieder hilft Enki und auch beim dritten Mal, durch eine (wohl) 7-jährige Hungersnot scheitet Enlil. Daraufhin beschließt Enlil die vollständige Vernichtung der Menschen durch eine Sintflut. Enki warnt Atramhasis erneut und befiehlt ihm, ein Schiff zu bauen. In einer mittelbabylonischen Version aus Nippur wird dieses Schiff als "Bewahrer des Lebens" bezeichnet.

Der Flutbericht der  "Eridu-Genesis", ein spätbabylonischer Tex aus Nippur (ca. 1600 v.u.Z.), zeigt deutliche Anklänge zum Atramhasis-Epos. Der Protagonist ist nun jedoch Ziusudra.

Gegen Ende des 2. Jt. v.u.Z.(um 1200 v.u.Z.) fand eine Überarbeitung der Fluterzählung Eingang in die 11. Tafel des Gilgamesh-Epos, in der der Held auf Utanapistim trifft. Die altbabylonische Fassung dieses Mythos (um 1800 v.u.Z.) wies aber offenbar noch keinen Flutbericht auf. Utanapisti ist dabei der Name, den Enlil Atra(m)hasis gab, nachdem dieser unsterblich wurde.  In "Der Tod des Gilgamesch" trifft der Held auf Ziusudra. Erst im Gilgamesh-Epos (um 1200 v.u.Z.) taucht Shuruppak (am Euphrat) als Ort des Geschehens auf und Utanapistim wird als "Man aus Shuruppak" beschrieben. Da im altbabylonischen Atramhasis-Epos das Ende fehlt, lässt sich nicht sagen, ob da schon der Berg Nimush als Landeort und das Aussehen von Taube, Schwalbe und Rabe beschrieben war.

Eine Zwischenstufe zwischen dem Atramhasis- und dem Gilgamesh-Epos ist der Flutbericht aus Ugarit, welcher gegen Ende des 13. Jhr. v.u.Z. verfasst wurde und Atramhasis als Fluthelden beschreibt.

In einigen Königslisten wird Shuruppak als Vater von Ziusudra erwähnt, wobei sich dieser auf die Person aus dem frühdynastischen Werk "Anweisungen des Shuruppak" bezieht, der als solcher dann zeitlich vor die Flut gesetzt wird. Ein mittelassyrisches Fragment ersetzt den Namen Ziusudras durch die assyrische Variante Utnapushte. Womit Utnapistim wohl als akkadische Variante von Ziusudra erscheint.



Nicht nur für die Städteklagen, sondern auch für die kultischen Klagen ist die Ansiedlung sämtlicher Ereignisse auf göttlicher Ebene charakteristisch. So kann das Schicksal zwar bereits in der Götterversammlung beschlossen werden, die Katastrophen werden jedoch primär durch das schicksalsbestimmende Wort der Götter An und Enlil verursacht und als Sturm, Flut oder unnennbares Wesen vorgestellt. Zumindest die Städteklagen verarbeiten somit in literarischer Form das historisch belegte Ereignis des politischen Untergangs des Ur III-Reichs um 2000 v.u.Z.
Das Sumerische ist hierfür reich an Bezeichnungen: „große Wasser“, „(gewaltiges) dunkles Wasser“, „mächtiges Wasser“, „Hochwasser“, "Flut“. In der ‚Klage über Uruk‘ werden Flut, Krieg und Schreckensgestalt miteinander gleichgesetzt; in der ‚Klage über Sumer und Ur‘ und in der ‚Klage über Ur‘ werden Sturm und Flut gleichgesetzt. (2)

 
Für die Masse der bäuerlichen Bevölkerung Mesopotamiens waren Kriege ohnehin dasselbe wie Naturkatastrophen. Die sumerische Literatur vergleicht Kriege immer wieder mit Gewittern, Stürmen bzw. Überschwemmungen.
„Damals sandte Enlil die Gutäer aus den Bergen herunter. Ihr Vordringen war wie die Flut Enlils, der man nicht widerstehen kann." (Klage um Sumer und Ur (ETCSL 2.2.3): 75-83)

„Wer in der Stadt nicht durch Waffen fiel, starb an Hunger. Hunger füllte unaufhörlich wie Wasser die Stadt.“ (Klage um Sumer und Ur (ETCSL 2.2.3): 389-390) (3)





https://www.academia.edu/1836862/Sa_lam_abubi_Die_Zeit_vor_der_großen_Flut_in_der_mesopotamischen_Überlieferung?email_work_card=thumbnail aus "Alter Orient und Altes Testament"


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