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"Dame des Hauses" - bēlat bēti (GAŠAN-É)



aus: STUDIA ORIENTALIA PUBLISHED BY THE FINNISH ORIENTAL SOCIETY 106 OF GOD(S), TREES, KINGS, ANDSCHOLARS
Neo-Assyrian and Related Studies in Honour of Simo Parpola
Edited by Mikko Luukko, Saana Svärd and Raija Mattila

Copyright © 2009 by the Finnish Oriental Society, Societas Orientalis Fennica,c/o Institute for Asian and African Studies P.O.Box 59 (Unioninkatu 38 B) FIN-00014 University of Helsinki
F i n l a n d




"Dame des Hauses" - bēlat bēti (GAŠAN-É)

Der Begriff erscheint zwölf Mal in den erhaltenen neuassyrischen Quellen, aber er ist nicht nur in der neuassyrischen Zeit finden, sondern auch im dritten und zweiten Jahrtausend v.u.Z. in Südmesopotamien. Die ältesten bekannten Vorkommen dieses Titels (nin é) finden sich in einer Handvoll Verwaltungstexte aus dem dritten Jahrtausend v.u.Z..

In der zweiten Hälfte des zweiten Jahrtausends, genauer gesagt im 14. Jahrhundert v.u.Z., ist die "Dame des Hauses" zweimal in den El-Amarna-Briefen bezeugt. Diese beiden Stellen könnten sich auf eine Schwester (EA 1; siehe auch EA 2-5) und eine Tochter (EA 11) zweier aufeinander folgender babylonischer Könige, Kadašman-Enlil I. und Burna-Buriaš II., beziehen; diese beiden Frauen wurden den ägyptischen Pharaonen Amenhotep III. und Echnaton (Amenhotep IV.) als Konkubinen geschenkt. Andererseits ist es vor allem in der späteren EA 11 wahrscheinlicher, dass es sich um eine ägyptische Prinzessin und nicht um ihr babylonisches Gegenstück handelt. Die genaue Bedeutung des Titels in der El-Amarna Korrespondenz ist daher nicht sicher, aber er kann entweder den Status der babylonischen Konkubine des Pharaos oder die seiner Tochter Mayati (Meritaten), die später Königin von Ägypten wurde, bedeuten.

Eine sumerische mythische Komposition, die heute als Enlil und Sud (ETCSL 1.2.2) bekannt ist, liefert uns einen interessanten Hinweis auf den Titel: "Von nun an soll eine Frau die ..., soll eine fremde Frau die Dame des Hauses sein". Je nachdem, aus welcher Zeit dieser literarische Text stammt - vielleicht wurde er ursprünglich in altbabylonischer Zeit oder sogar noch früher verfasst, dann aber möglicherweise in der nachfolgenden mittelbabylonischen Zeit kanonisiert -, könnte dieser Text teilweise als literarischer Kommentar zu den politischen Ehen des dritten oder zweiten Jahrtausends zu verstehen sein.

Die "Dame des Hauses" taucht auch in Texten aus Ugarit auf, wo sie vielleicht sogar eine Göttin bezeichnete; die bekannten neuassyrischen Zeugnisse beziehen sich jedoch eindeutig auf Menschen.

Inwieweit die "Hausherrin" bēlat bēti ideologisch zu der göttlichen bēlet/bēlat ēkalli, der "Herrin des Palastes", steht, wird hier nicht betrachtet.

In der neuassyrischen Zeit wurde das Konzept offensichtlich hauptsächlich für die Frau des Kronprinzen bezogen. Eine beträchtliche Anzahl der Texte, in denen die „Dame des Hauses“ vorkommt, bezieht sich auf Libbali-šarrat, die Frau Assurbanipals, als dieser noch der Kronprinz war.

In einem Brief aus der Zeit von Sargon II (721-705 v.u.Z.), geschrieben von dem Beamten Nabû-de'iq (CTN 2 230 = SAA 1 228), scheint die "Dame des Hauses" entweder Sennacheribs Ehefrau Tašmetu-šarrat oder seine Ehefrau Naqi'a (assyrisch Zakutu; 730- 668 v.u.Z., Schwiegertochter Sargons, Mutter des Asarhaddon) zu sein.

SAA 6 200 und 257 könnte Ešarra-ḫammat, die Frau von Esarhaddon (680-669 v.u.Z.) meinen.

In einem Brief aus Ninive (SAA 16 28 = ABL 308) schreibt die älteste Tochter von König Esarhaddon, Šerua-eṭerat, an Libbali-šarrat, die Frau des Kronprinzen Assurbanipal. Am Ende des Briefes erinnert Šerua-eṭerat Libbali-šarrat auch an ihren Stand: "Und doch bist du eine Schwiegertochter - die Dame des Hauses von Assurbanipal, dem designierten großen Kronprinzen von Esarhaddon, dem König von Assyrien ...". Auch unter den Dokumenten der Reihe SAA 7 (7-1, 7-4, 7-21/22, 7-23, 7-130, sowie SAA 6-339) deutet einiges darauf hin, dass darin Libbali-šarrat als "Dame des Hauses des Hauses" bezeichnet wird.

Jedoch wurden die Titel "Königin" und "Dame des Hauses" getrennt von einander aufgeführt, entsprechen also hierbei nicht der selben Person (weshalb in den SAA 7-Briefen eben Libbali-šarrat, als Frau des Kronprinzen gemeint zu sein scheint)

Fast alle der oben genannten Bescheinigungen über die "Dame des Hauses" können mit relativer Sicherheit für die Ehefrau des Kronprinzen gehalten werden. Ein weiteres Dokument (ND 2605) unterscheidet sich jedoch von den anderen, da es sich darin nicht um die Ehefrau des Kronprinzen, sondern um die Frau eines anderen hohen Beamten handelt.

Für die Frau des Kronprinzen, kann eine kultische und/oder institutionelle Rolle als "Dame des Hauses" angenommen werden, die vermutlich im Kult des Ištar involviert war. In der Praxis könnte dies dadurch geschehen sein, dass sie, möglicherweise zusammen mit anderen königlichen Frauen, an Ritualen teilnahm, z. B. indem sie der Göttin Opfergaben darbrachte und rituelle Zeremonien durchführte, entweder an der Seite ihres Mannes oder unabhängig davon, indem sie ihre Gebete sprach oder die Göttin pries.

Man könnte auch fragen, ob es sich bei "bēlat bēti" um die "Dame der Dynastie" handelte. In der Praxis ließe sich diese Konnotation mit dem Argument erklären, dass es die Verpflichtung der zukünftigen Königin war, einen Erben der Dynastie zu gebären und durch die Erfüllung dieser Verpflichtung die Nachfolge der sargonidischen Dynastie zu sichern.







Who Were the ‘Ladies of the House’ in the Assyrian Empire? | Saana Svärd and Mikko Luukko - Academia.edu

Naqia – Wikipedia

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