1866 wurde beim Roden eines Feldes in Monsheim (Kreis Alzey-Worms) ein Gräberfeld entdeckt, welches über 50 Flachgräber zutage förderte. Dort stand ursprünglich ein etwa zwei Meter hoher Menhir, der im rheinhessischen Volksmund „Hinkelstein“ genannt und heute im Schlosshof von Monsheim aufbewahrt wird. Hinkel ist der hessische Ausdruck für Hühnchen; Hinkelstein ist das aus Unwissenheit oder Witz entstandene Wort für Hünenstein.
Die Hinkelstein-Gruppe entstand aus der späten Linienbandkeramik, darauf folgende Einflüsse aus der Stichbandkeramik sind zu erkennen. Mit der ausgehenden Hinkelstein-Gruppe entstand die Großgartacher Gruppe. Beide existierten eine Zeit lang noch nebeneinander.
Das Verbreitungsgebiet liegt in Mitteleuropa, vorrangig in der Nähe von Flussläufen. Archäologen konnten bereits 77 Fundstellen der Hinkelstein-Gruppe zuordnen.
Die Gefäßformen ähneln noch weitgehend dem bandkeramischen Inventar, die Verzierung der Kümpfe wird durch geschweifte Dreiecksmuster dominiert. Die Gräber zeichnen sich durch reichen Schmuck aus einheimischen Süßwassermuscheln, lokal vorkommenden fossilen Muscheln und Hirschgrandeln aus, während Spondylus-Schmuck fast ganz verschwindet. Die Toten wurden gestreckt gelagert und in einer Südost-Nordwest-Orientierung aufgefunden. Der Blick der Bestatteten wendete sich gen Nordosten. Viele der Gräber waren sog. Flachgräber.
Der besagte Der Hinkelstein diente er im Mittelalter und der Neuzeit als Grenzstein. Er besteht aus Kalkstein und hat eine stark verwitterte, zerfurchte und löchrige Oberfläche. Er hat eine Höhe von 200 cm, eine Breite von 170 cm und eine Tiefe von 80 cm.
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Die typische Großgartacher Ziertechnik ist der Doppelstich, der zu Bändern und Girlanden gereiht als Füllmotiv den freigelassenen Raum schmückt. Er wurde durch Beinwerkzeuge (z. B. Schweinezähne) in den feuchten Ton gedrückt. Durch die Einlage einer weißen Masse aus Ton und Kalk in die Vertiefungen der Dekoration hebt sich diese deutlich von der durch Zusatz von Kohle dunkel gefärbten Oberfläche des Gefäßes ab. Alle Gefäße haben einen mehr oder weniger gewölbten Kugelboden, einen deutlichen Bauchknick und einen leicht nach außen gezogenen oberen Rand.
Die Großhäuser im Mittelneolithikum mit bis zu 65 m Länge stehen noch in der Tradition der bandkeramischen Langhäuser. Sie sind aber nicht mehr längsrechteckig, sondern besitzen leicht gebogene Längswände und unterschiedlich lange Schmalseiten. Der Grundriss ist schiffsförmig. Das Dach aus leichten Materialien (z. B. Stroh) ist vermutlich zwischen 40 und 50 Grad geneigt. Die Wände bestehen aus einer mit Lehm bestrichenen Flechtwand zwischen Wandpfosten, deren Spuren noch heute im Boden sichtbar sind.
In den Gräberfeldern der Großgartacher Kultur im Elsass wurden die Toten in gestreckter Rückenlage unter Orientierung des Kopfes im Nordwesten und der Füße im Südosten ins Grab gelegt.
Neben Gefäßen und Werkzeugen fand man reichen Schmuck aus Kalksteinperlen, durchbohrte Eberzahnlamellen, durchbohrte Eckzähne von Raubtieren, Muscheln und fossile Schnecken. Manchmal erhielten die Toten auch Fleisch als Wegzehrung ins Jenseits. Die Großgartacher Gräber sind weniger reich ausgestattet und weniger sorgfältig eingetieft als die der Hinkelstein-Gruppe.
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Die trapez- und schiffsförmigen Langhäuser waren bis zu 65 m lang. Eine mehrfache Innenaufteilung ist nachgewiesen, es wohnten also vermutlich mehrere Kleingruppen in einem Haus. Jens Lüning geht für die Rössener Kultur, im Gegensatz zur Bandkeramik, von echten Dorfanlagen aus. Manche Siedlungen waren von Erdwerken umgeben.
Typische Gefäßformen sind hohe Schüsseln mit Standfuß, Kugelbecher, Zipfelschalen und Schiffchengefäße. Die charakteristische Dekoration umfasst mit weißer Paste ausgelegte (so genannte Inkrustation) Doppelstiche („Geißfußstich“), furchenartige Einstiche und Stempeleindrücke.
Das Silexinventar ähnelt weitgehend dem der Bandkeramik.
Die Toten wurden vorwiegend als ostorientierte Rechtshocker bestattet. Diese Gräber wurden zwischen 40 und 160 cm tief in der Erde angelegt und teilweise mit Steinplatten bedeckt. Neben keramischen Beigaben fanden sich auch Kalksteinringe, Steinbeile, Feuersteinklingen und Tierknochen.
Die Rössener Kultur löste die Linienbandkeramik in deren westlichem Verbreitungsgebiet über die Zwischenstufen Hinkelstein und Großgartach ab. Diese „Ablösung“ erfolgte jedoch abrupt, denn die meisten Rössener Ansiedlungen gründeten sich nicht auf ältere bandkeramische Siedlungen, sondern entstanden vermutlich unabhängig neu. Die Rössener Kultur ist teilweise zeitgleich mit der bayerischen Gruppe Oberlauterbach und der jüngeren Stichbandkeramik.
n Teilen Mitteldeutschlands folgt (unter Umständen mit einer zeitlichen Lücke) darauf die Gaterslebener Kultur, eine lokale Ausprägung der in Tschechien, Polen, Österreich und Ungarn ansässigen jungneolithischen Lengyel-Kultur, deren bayerische Ausprägung die Münchshöfener Kultur, die dort etwa um 4400 v.u.Z. beginnt. Das Ende bereitet dann die Baalberger Kultur, die älteste Gruppe der Trichterbecherkulturen.
Bild: "Schiffchengefäß" (Landesmuseum Württemberg Stuttgart)
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