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Altorientalische Gärten

Im Sumerischen wurde das Wort für Garten mit dem Zeichen KIRI wiedergegeben, welches drei neben einer Umfriedung stehende Pflanzen darstellt. Dieses Zeichen kommt schon in den ältesten Keilschrifttexten aus Uruk IVa vor, die um ca. 3200 v.u.Z. entstanden sind. Aus späteren Texten ist uns der Beruf des Gärtners bekannt (NU.KIRI6), dessen Rechte und Pflichten eindrücklich in mehreren Paragraphen des Codex Hammurapi geschildert werden. Der Codex gibt an, dass Gärtner Parzellen im Besitz des Palastes und Tempels gegen festgesetzte Abgaben pachten durften und dann einen Teil des Ertrages einbehalten konnten. Daneben war aber auch der Besitz von privaten
Gärten möglich. Die wichtigste Nutzpflanze stellte im südlicheren Babylonien die Dattelpalme dar. Was die Größe der Gartenanlagen im Stadtbild betrifft, gibt es keine genauen Angaben. Jedoch gibt uns hier das Gilgamesh-Epos einen Hinweis:

"Ein Sar die Stadt, ein Sar die Palmengärten, ein Sar die Flussniederung dazu der heilige Bereich des
Ishtar-Tempels: Drei Sar und den heiligen Bereich von Uruk umschließt sie."

Bei einem Sar handelt es sich urn eine Flächenmaßeinheit deren Wert ungefähr 36oo m² beträgt.

Neben Nutzgärten gab es die im Besitz des Tempels die den Göttern geweiht waren und der Ausführung von rituellen Handlungen dienten. Die früheste Erwähnung
eines solchen Tempelgartens finden wir bei Gudea von Lagash am Anfang des 3. Jts. v.u.Z. Dieser bestand aus Fischteichen, Rohr-und Weinpflanzen.
Bislang ist es erst in zwei Fällen gelungen, einen Garten archäologisch nachzuweisen. Einer befand sich im Neujahrsfesthaus, dem "bit kitu" von Assur und wurde vom assyrischen König Sanherib (704-681 v.u.Z..) erbaut. Ein weiteres Beispiel für einen archäologisch nachgewiesenen Garten bietet die neuassyrische Provinzstadt Dur-Kadimmu, modern: Tell Schech Hamad, in Syrien. Die Erbauung und Benutzung fällt in das 8. und 7. Jh. v.u.Z.. Aufgrund der Anlage des Gartens innerhalb
eines Privathauses kann hierbei von einer Nutzung als Lustgarten ausgegangen werden, denn für eine wirtschaftliche Nutzung war dieser zu klein.



Der königliche Garten (oder: Lustgarten) - die "Hängenden Gärten von Babylon"

Als Inbegriff des altorientalischen Lustgartens gilt bis heute der Mythos der Hängenden Gärten der Semiramis von Babylon. Dieser Begriff ist in dreifacher Weise unzutreffend:
Zum einen darf der Terminus der "Hängenden Garten" nicht im Sinne von herabhangenden Gewächsen verstanden werden. Vielmehr beschreibt das aus dem Griechischen stammende
Wort wahrscheinlich die Anlage des Gartens in Hanglage bzw. auf Terrassen. Zweitens wird für eine Verortung der Gärten in Ninive, statt in Babylon argumentiert. Drittens kommt hinzu, dass die mythologische Gestalt der Semiramis gewissermaßen ein Konstrukt griechischer Autoren ist. Ihr Name geht wahrscheinlich auf die neuassyrische Samuramat zurück, welche die Mutter des Königs Adad-niraris III. 805-783 v.u.Z.) war. Eine Verwechslung von Babylon mit Ninive in der antiken
Literatur ist nicht auszuschließen, so dass der berühmte Garten in Wahrheit der Garten des assyrischen Königs Sanherib in Ninive gewesen sein kann. Bereits Sanheribs Vater Sargon II. 721-705 v.u.Z.) rühmte sich seiner monumentalen Gartenanlagen. Einer lnschrift nach ließ er seine neue Residenzstadt Dur-Sarrukin inmitten eines ausgedehnten Wildparks anlegen, den er dem
Amanus-Gebirge nachempfunden hatte:

"Damals errichtete ich über der Quelle am Fuß des Berges Musri, oberhalb von Ninive eine Stadt und gab ihr den Namen Dur-Sarru-ukin. Einen Park, eine genaue Nachbildung des Amanus-Gebirges, in dem alle aromatischen Bäume des Hatti-Landes und sämtliche Obstbaumsorten des Gebirges angepflanzt sind, legte ich um sie herum an." Schon Tiglar-Pileser I. (1115-1077 v.u.Z.) rühmte sich 400 Jahre zuvor damit, in seinem Garten Pflanzen aller Art aus fremden Regionen heimisch gemacht zu haben. Hier tritt zum ersten Mal der Aspekt des Universalgartens, einem wichtigen Bestandteil altorientalischer Königsideologie. Der Anspruch des Königs, Herrscher über die vier Weltgegenden, also der damals bekannten Welt, zu sein, erscheint zum ersten Mal in der Akkad-Zeit Ende des
3. Jts. v.u.Z..

Der neuassyrische Herrscher Assur-nasirpal II. 883-859 v.u.Z.) berichtet auf einer Stele, dass er einen Garten von 25 km² Größe nahe seiner Residenzstadt Kalhu, modern: Nimrud errichten ließ. Darin ließ er insgesamt 41 Baumarten aus allen bekannten Teilen der Welt anpflanzen.

Ganz eindeutig wurde dieses Prinzip von Kyros II. 559-530 v.u.Z.) in seiner neu gegründeten Residenzstadt Pasargadae aufgegriffen. In dem hier als "paradaida" ("Paradies") bezeichneten Garten befand sich in der Mitte eine durch Kanäle viergeteilte Struktur. Es wird vorgeschlagen, in dieser Vierteiligkeit eine Repräsentation der vier Weltgegenden zu sehen, mit der sich die Achämeniden in die altorientalische Tradition einreihten.




Bild eines assyrischen Gartens, Ausschnitt nach dem Relief aus Kuyunjik (ca. 650 v.u.Z.)




https://www.academia.edu/1970195/Königliche_Gärten_als_konstitutive_Elemente_altorientalischer_Städte?iid=8d1322fb-cb7f-414b-a0d2-04e159fa2da9&swp=rr-rw-wc-1836846

Bild: https://de.wikipedia.org/wiki/Hängende_Gärten_der_Semiramis

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