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3D-Digitalisierung von Keilschriftdokumenten



Die beiden üblichen Publikationsformen von Keilschriftquellen - Autographie (Handkopie) und Photographie - ersetzen die Konsultation der Originaltafel nicht vollständig: Im ersteren Fall enthalten sie immer ein Element der Interpretation, im letzteren Fall schränken Lichteinfall und Verkürzungen im Randbereich die Auswertbarkeit ein. Beim Foto und auch bei der Holographie entsteht die Auf­nahme stets bei einem bestimmten Einfallwinkel des Lichts, wodurch Teile eines Zeichens nicht oder nicht deutlich wiedergegeben werden können. Im Foto kommt die fehlende Tiefe hinzu, wodurch bei beschädigten Stellen oft nicht zu entscheiden ist, ob eine auf ein Keilschriftzeichen deutende Spur tatsächlich der erhaltene tiefste Teil des Keileindrucks oder eine zufällige Struktur im Bruch der abgebrochenen oder abgeplatzten Tafeloberfläche ist.

Daher lag es nahe, nach Möglichkeiten einer dreidimensionalen Darstellung zu suchen. Es hat Versuche mit Hologrammen gegeben (Prof. Walter Sommerfeld, Marburg), die einen dreidimensionalen Eindruck der Tontafeln bei sehr hoher Auflösung vermitteln, an den Rändern aber dieselben Probleme der Wiedergabe haben wie Photographien. Die Kosten der Reproduktion von Hologrammen werden zumindest auf absehbare Zeit noch sehr hoch sein und vor allem sind Hologramme nicht für die Verbreitung über das Internet geeignet.

Häufig sind auf Tontafeln Abrollungen von Zylindersiegeln oder Abdrücke von Stempelsiegeln zu finden, die bei der Auswertung für die Identifikation von Personen von Bedeutung sind. Da diese Abrollungen zumeist nur ein fragmentarisches Abbild des Originalsiegel wiedergeben, können die Spuren nur mit großer Sachkenntnis der Siegelinhalte und -formen rekonstruiert werden. Daher wurden Text und Siegelabrollungen meist getrennt publiziert, was die Auswertung wiederum erschwert.

Bereits nach ersten Präsentationen von und Diskussionen über Hologramme(n) von Keilschrifttafeln (1994) kamen wir zu dem Ergebnis, dass solche Hologramme nicht das Bedürfnis nach einer vollständig objektiven Dokumentation befriedigen, da sie die dreidimensionalen Eindrücke der Keilschriftzeichen unter einem bestimmten, nicht veränderbaren Lichteinfallswinkel sichtbar machen.

Seit 1999 beschäftigt sich G. Müller intensiv mit der 3D-Digitalisierung von Keilschriftdokumenten. Im Herbst 2000 gelang die erste Digitalisierung einer Originaltafel.

In besonders schwierigen Einzelfällen können Digitalisierungen bis zu einer Auflösung von 1 µm vorgenommen werden. Da hierbei punktweise gemessen wird, ist dieses Verfahren deutlich langsamer und daher nur in Einzelfällen anzuwenden.


Bild: Höhenprofile von Tontafeln (2005)
schwachen Abrollung von Zylindersiegel





Automatische Vektorzeichnungen von Keilschrifttafeln aus 3D-Messdaten mit dem GigaMesh Software-Framework: Refubium - Automatische Vektorzeichnungen von Keilschrifttafeln aus 3D-Messdaten mit dem GigaMesh Software-Framework (fu-berlin.de)

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