Sumer und Babylon
Schon unter den ältesten verständlichen literarischen Texten um 2700 v.u.Z. finden sich Beschwörungen gegen Skorpionstich, Schlangenbiß sowie gegen Krankheiten von Mensch und Tier. Ärzte sind bereits in Texten aus der Mitte des 3. Jahrtausends v.u.Z. erwähnt. Die ältesten therapeutischen Anweisungen für die Bereitung von Breiumschlägen sowie für innerlich und äußerlich anzuwendende Arzneien stammen aber erst aus der Zeit der 3. Dynastie von Ur (um 2100-2000 v.u.Z.). Diese von jeglichen magischen Ritualen freien Rezepte muten sehr rational an.
Briefe aus altbabylonischer Zeit (um 1800 v. Chr.) aus Mari am mittleren Euphrat zeigen, daß die Behandlung eines Kranken gemeinsam von Arzt (asum) und Beschwörer (wäsipum) durchgeführt wurde. Dem Seher (bärum) kam die Aufgabe zu, mittels Leberschau oder anderer divinatorischer Verfahren den Grund der Erkrankung zu ermitteln. Obwohl die in Babylonien praktizierte Opferschau zu einer höchst detaillierten anatomischen Kenntnis der inneren Organe vor allem des Schafes geführt hat, blieben die Vorstellungen der inneren Organe des Menschen nur verschwommen.
Krankheit wurde oft als Besessenheit von Dämonen und Totengeistern verstanden, die den Menschen packen und fesseln. So wurde beispielsweise Epilepsie als das Wirken des »bösen utukku-Dämons« und die Kindersterblichkeit sowie das Kindbettfieber als Hinterlisten der Dämonin Lamaschtu gedeutet. Als Ursachen von Krankheiten sah man Zauberei, aber auch den Unmut von Göttern an, die über ein kultisches Vergehen oder die Überschreitung eines Tabus verärgert waren. Zahlreiche Krankheiten tragen daher den Namen »Berührung des Gottes X« oder »Hand des Gottes X«. Der Beschwörer konnte eine Krankheit von dem Menschen auf ein Tier übertragen, das entweder getötet oder in der Steppe ausgesetzt wurde. Die erzürnten Gottheiten muss er durch Gebete und Opfergaben besänftigen. Seine Heilung wird in den Ritualen oft durch die Zerstörung einer Figur des ihn bedrängenden Dämons und durch das anschließende Anlegen von strahlend weißen Kleidern vorweggenommen.
Neben solchen magisch-dämonistischen Heilmethoden verfügten die Babylonier über zahlreiche medikamentöse Therapieformen, die vor allem durch Texte aus dem 1. vorchristlichen Jahrtausend bekannt sind. Die meisten Rezepte nennen Krankheitssymptome und den Namen der Krankheit sowie die Heilanzeige, schildern die Verfahren zur Herstellung der Arznei und die Art der Anwendung. Sowohl innerlich als auch äußerlich zu verabreichende Medikamente werden genannt. Eine gewaltige Anzahl von Pflanzen und Pflanzenprodukten (Samen, Blätter, Wurzeln, Früchte), aber auch von Mineralien und tierischen Produkten mischten die Babylonier Tränken aus Bier, Wein, Milch, öl oder Wasser bei.
Zu den äußerlich anzuwendenden Heilmitteln gehören Pflaster und Verbände, die über aufgetragene Salben gelegt wurden. Solche Salben wurden auf Fettgrundlage (Talg, Butter, öl) mit beigefügten zerstoßenen Drogen hergestellt. Tampons und Zäpfchen, Klistiere, Räucherungen, Dampfbäder und Gurgelmittel waren dem babylonischen Arzt geläufig.
Stefan M. Maul (Babylonische Medizin)
Eine Tontafel aus dem syrischen Ebla zeugt von den sachlich anmutenden naturkundlichen und medizinischen Interessen der Keilschriftgelehrten des 25. Jahrhunderts v.u.Z. Dort heißt es:
“Ihr (= der Pflanze) Name lautet: «Gallenkraut»: Rolle sie auf und gib sie (dem Kranken) zu essen. Man kann sie auch auf die Flüssigkeit einer aufgeplatzten Blase legen und sie (= die Pflanze) wird sie (= die Blase) heilen. Auch für eine Wunde ist sie Medizin.”
Zu den ältesten bekannten therapeutischen Anweisungen - sie wurden im ausgehenden 3. Jahrtausend v.u.Z. niedergeschrieben - zählen sumerische Rezepte für die Bereitung von Breiumschlägen sowie innerlich und äußerlich anzuwendende Arzneien.Diese von magischen Ritualen gänzlich freie Sammlung von Heilanweisungen mutet heute sehr rational an. In einem dieser Texte heißt es: “Nachdem du Weinhefe, welche du trocknen ließest, Wacholder und ·ennur-Früchte11 zermahlen und darüber Bier gegossen hast, tupfst du (die Wunde) mit Öl ab und legst ein Pflaster (mit der Salbe) an.” “Nachdem du Schildplatt, Salicornia, Salz und Senf durch ein Sieb passiert und vermischt und (die Wunde) mit Bier von guter Qualität und heißem Wasser ausgewaschen hast, reibst du (die Wunde) damit ein. Nachdem du (die Wunde) eingerieben und mit Öl abgetupft hast, legst du zerstoßenes Tannenholz darauf.”
Im Kodex Hammurapi (18. Jahrhundert v.u.Z.) sind Preise festgesetzt, die ein Arzt (asûm) für seine Behandlung verlangen durfte, aber auch drakonische Strafen genannt, die ihm drohten, wenn der Patient durch seine Behandlungen zu Schaden kam:
“- Wenn ein Arzt einem Bürger eine schwere Wunde mit einem Operationsmesser beibringt und den Bürger heilt, oder wenn er die Schläfe eines Bürgers mit dem Operationsmesser öffnet und das Auge des Bürgers erhält, so soll er zehn Scheqel* Silber14 erhalten.
- Wenn es sich um einen Palastangehörigen handelt, so erhält er fünf Scheqel Silber. Wenn es sich um den Sklaven eines Bürgers handelt, so soll der Eigentümer des Sklaven dem Arzt zwei Scheqel Silber geben.
- Wenn ein Arzt einem Bürger eine schwere Wunde mit einem Operationsmesser beibringt und den Tod des Bürgers verursacht oder wenn er die Schläfe eines Bürgers mit dem Operationsmesser öffnet und das Auge des Bürgers zerstört, so soll man ihm eine Hand abhacken.
- Wenn ein Arzt einem Sklaven eines Palastangehörigen eine schwere Wunde mit einem Operationsmesser beibringt und seinen Tod verursacht, so soll er Sklaven um Sklaven ersetzen. Wenn er seine Schläfe mit dem Operationsmesser öffnet und sein Auge zerstört, so soll er Silber in der Höhe der Hälfte seines Kaufpreises zahlen.
- Wenn ein Arzt einen gebrochenen Knochen eines Bürgers heilt oder einen kranken ‘Strang’* gesund macht, so soll der Patient dem Arzt fünf Scheqel Silber geben. Wenn es sich um einen Palastangehörigen handelt, so soll er drei Scheqel Silber geben. Wenn es sich um den Sklaven eines Bürgers handelt, so soll der Eigentümer des Sklaven dem Arzt zwei Scheqel Silber geben.”
* Ein Scheqel entspricht etwa 8 1/3 Gramm. In der Zeit Hammurapis konnte bereits für 20 Scheqel Silber ein Sklave erworben werden.
* In der altorientalischen Medizin bezeichnet das Wort “Strang” gleichermaßen “Sehne”, “Muskel”, “Blutgefäß” und “Nerven(strang)”
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Ägypten
Insgesamt 13 medizinische Papyri geben uns Auskunft über alle Bereiche ärztlichen Wissens und Handelns; hinzu kommen mehrere Ostraka (beschriebene Topf- oder Kalksteinscherben) mit Rezepten. Die ältesten dieser Papyri stammen aus dem Mittleren Reich (um 2000 v.u.Z.), die jüngsten wurden am Ende der Pharaonenzeit geschrieben. Hauptquellen für die pharaonische Medizin sind der Papyrus Ebers (die schönste und mit 108 Kolumnen längste ägyptische Handschrift) und der Papyrus Smith.
Der erstgenannte ist eine »Sammelhandschrift«, eine Zusammenstellung unterschiedlicher Fachgebiete: Den größten Raum nehmen die inneren Krankheiten ein, vornehmlich Erkrankungen des Magens, verschiedenartige Verdauungsstörungen und deren Auswirkungen auf den ganzen Körper. Auch für Kinder gibt es spezielle Mittel (darunter ein Betäubungsmittel gegen allzu großes Geschrei). Prognosen machen Aussagen darüber, ob eine Schwangerschaft vorliegt, welches Geschlecht das Kind haben und ob es lebensfähig sein wird. - Als ein SpezLalbuch ist schließlich noch der sogenannte Veterinär-Papyrus zu nennen, der Tiere, Rinder, Fische als »Patienten« bezeichnet, möglicherweise eine Art Kompendium für den Opferpriester, der kranke Tiere aussondern muß. Gegenüber den Sammelhandschriften mit unterschiedlichen Sachgruppen und Textgattungen ist der Papyrus Smith ein »Fachbuch der Wundbehandlung«, übersichtlich aufgebaut und nach klaren Prinzipien gegliedert. Beginnend mit dem Kopf (Schädelbrüche), werden Wunden durch Brüche oder andersartige Verletzungen in einer Art Lehrbuch behandelt, jeder Fall streng nach demselben Schema: Nach der Überschrift (Splitterbruch am Schädel) beginnt es mit der Untersuchung (wenn du findest), der Diagnose (dann sollst du dazu sagen) und dem Verdikt (heilbar, unsicher oder nicht heilbar). Es folgt die Therapie (dann sollst du ihn folgendermaßen behandeln).
Doch nicht immer liegen die Ursachen von Krankheiten so deutlich vor den Augen des Arztes. In vielen Fällen (vornehmlich bei fieberhaften Erkrankungen, Erkältungen, Kopfschmerzen und Geisteskrankheiten) hilft dann die Theorie, daß dämonische Einwirkungen vorliegen (sei es eine Bestrafung durch Götter nach Verstößen gegen die von ihnen gesetzte Ordnung, sei es eine Verhexung durch einen übelwollenden Mitmenschen), hl solchen Fällen wird die Hilfe im Gebet oder im »Gegenzauber« gesucht, d.h. die Medizin überschreitet die ohnehin stets fließend gebliebene Grenze zwischen Naturwissenschaft und Religion (denn auch die Magie ist ein Teil der Religion). So (fast) frei von jeglicher Magie der Papyrus Smith uns begegnet und als ein Beispiel früher exakter Naturwissenschaft erscheint, so deutlich wird gerade an diesem Fall, daß der Mensch offenbar bald an die Grenzen seiner Möglichkeiten hinsichtlich seiner Einwirkung auf die Natur und die Schöpfung gekommen und zu der Einsicht gelangt ist, daß die göttlichen (und dämonischen) Mächte über ihm stärker sind als alle seine Erkenntnisse und Erfahrungen.
Wolfhart Westendorf (Ägyptische Medizin)
http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/propylaeumdok/864/1/Maul_Erste_Medizinkonzepte_zwischen_Magie_und_Vernunft_1993.pdf
https://www.nar.uni-heidelberg.de/pdf/newsletter/nl7_maul_2001.pdf
Schon unter den ältesten verständlichen literarischen Texten um 2700 v.u.Z. finden sich Beschwörungen gegen Skorpionstich, Schlangenbiß sowie gegen Krankheiten von Mensch und Tier. Ärzte sind bereits in Texten aus der Mitte des 3. Jahrtausends v.u.Z. erwähnt. Die ältesten therapeutischen Anweisungen für die Bereitung von Breiumschlägen sowie für innerlich und äußerlich anzuwendende Arzneien stammen aber erst aus der Zeit der 3. Dynastie von Ur (um 2100-2000 v.u.Z.). Diese von jeglichen magischen Ritualen freien Rezepte muten sehr rational an.
Briefe aus altbabylonischer Zeit (um 1800 v. Chr.) aus Mari am mittleren Euphrat zeigen, daß die Behandlung eines Kranken gemeinsam von Arzt (asum) und Beschwörer (wäsipum) durchgeführt wurde. Dem Seher (bärum) kam die Aufgabe zu, mittels Leberschau oder anderer divinatorischer Verfahren den Grund der Erkrankung zu ermitteln. Obwohl die in Babylonien praktizierte Opferschau zu einer höchst detaillierten anatomischen Kenntnis der inneren Organe vor allem des Schafes geführt hat, blieben die Vorstellungen der inneren Organe des Menschen nur verschwommen.
Krankheit wurde oft als Besessenheit von Dämonen und Totengeistern verstanden, die den Menschen packen und fesseln. So wurde beispielsweise Epilepsie als das Wirken des »bösen utukku-Dämons« und die Kindersterblichkeit sowie das Kindbettfieber als Hinterlisten der Dämonin Lamaschtu gedeutet. Als Ursachen von Krankheiten sah man Zauberei, aber auch den Unmut von Göttern an, die über ein kultisches Vergehen oder die Überschreitung eines Tabus verärgert waren. Zahlreiche Krankheiten tragen daher den Namen »Berührung des Gottes X« oder »Hand des Gottes X«. Der Beschwörer konnte eine Krankheit von dem Menschen auf ein Tier übertragen, das entweder getötet oder in der Steppe ausgesetzt wurde. Die erzürnten Gottheiten muss er durch Gebete und Opfergaben besänftigen. Seine Heilung wird in den Ritualen oft durch die Zerstörung einer Figur des ihn bedrängenden Dämons und durch das anschließende Anlegen von strahlend weißen Kleidern vorweggenommen.
Neben solchen magisch-dämonistischen Heilmethoden verfügten die Babylonier über zahlreiche medikamentöse Therapieformen, die vor allem durch Texte aus dem 1. vorchristlichen Jahrtausend bekannt sind. Die meisten Rezepte nennen Krankheitssymptome und den Namen der Krankheit sowie die Heilanzeige, schildern die Verfahren zur Herstellung der Arznei und die Art der Anwendung. Sowohl innerlich als auch äußerlich zu verabreichende Medikamente werden genannt. Eine gewaltige Anzahl von Pflanzen und Pflanzenprodukten (Samen, Blätter, Wurzeln, Früchte), aber auch von Mineralien und tierischen Produkten mischten die Babylonier Tränken aus Bier, Wein, Milch, öl oder Wasser bei.
Zu den äußerlich anzuwendenden Heilmitteln gehören Pflaster und Verbände, die über aufgetragene Salben gelegt wurden. Solche Salben wurden auf Fettgrundlage (Talg, Butter, öl) mit beigefügten zerstoßenen Drogen hergestellt. Tampons und Zäpfchen, Klistiere, Räucherungen, Dampfbäder und Gurgelmittel waren dem babylonischen Arzt geläufig.
Stefan M. Maul (Babylonische Medizin)
Eine Tontafel aus dem syrischen Ebla zeugt von den sachlich anmutenden naturkundlichen und medizinischen Interessen der Keilschriftgelehrten des 25. Jahrhunderts v.u.Z. Dort heißt es:
“Ihr (= der Pflanze) Name lautet: «Gallenkraut»: Rolle sie auf und gib sie (dem Kranken) zu essen. Man kann sie auch auf die Flüssigkeit einer aufgeplatzten Blase legen und sie (= die Pflanze) wird sie (= die Blase) heilen. Auch für eine Wunde ist sie Medizin.”
Zu den ältesten bekannten therapeutischen Anweisungen - sie wurden im ausgehenden 3. Jahrtausend v.u.Z. niedergeschrieben - zählen sumerische Rezepte für die Bereitung von Breiumschlägen sowie innerlich und äußerlich anzuwendende Arzneien.Diese von magischen Ritualen gänzlich freie Sammlung von Heilanweisungen mutet heute sehr rational an. In einem dieser Texte heißt es: “Nachdem du Weinhefe, welche du trocknen ließest, Wacholder und ·ennur-Früchte11 zermahlen und darüber Bier gegossen hast, tupfst du (die Wunde) mit Öl ab und legst ein Pflaster (mit der Salbe) an.” “Nachdem du Schildplatt, Salicornia, Salz und Senf durch ein Sieb passiert und vermischt und (die Wunde) mit Bier von guter Qualität und heißem Wasser ausgewaschen hast, reibst du (die Wunde) damit ein. Nachdem du (die Wunde) eingerieben und mit Öl abgetupft hast, legst du zerstoßenes Tannenholz darauf.”
Im Kodex Hammurapi (18. Jahrhundert v.u.Z.) sind Preise festgesetzt, die ein Arzt (asûm) für seine Behandlung verlangen durfte, aber auch drakonische Strafen genannt, die ihm drohten, wenn der Patient durch seine Behandlungen zu Schaden kam:
“- Wenn ein Arzt einem Bürger eine schwere Wunde mit einem Operationsmesser beibringt und den Bürger heilt, oder wenn er die Schläfe eines Bürgers mit dem Operationsmesser öffnet und das Auge des Bürgers erhält, so soll er zehn Scheqel* Silber14 erhalten.
- Wenn es sich um einen Palastangehörigen handelt, so erhält er fünf Scheqel Silber. Wenn es sich um den Sklaven eines Bürgers handelt, so soll der Eigentümer des Sklaven dem Arzt zwei Scheqel Silber geben.
- Wenn ein Arzt einem Bürger eine schwere Wunde mit einem Operationsmesser beibringt und den Tod des Bürgers verursacht oder wenn er die Schläfe eines Bürgers mit dem Operationsmesser öffnet und das Auge des Bürgers zerstört, so soll man ihm eine Hand abhacken.
- Wenn ein Arzt einem Sklaven eines Palastangehörigen eine schwere Wunde mit einem Operationsmesser beibringt und seinen Tod verursacht, so soll er Sklaven um Sklaven ersetzen. Wenn er seine Schläfe mit dem Operationsmesser öffnet und sein Auge zerstört, so soll er Silber in der Höhe der Hälfte seines Kaufpreises zahlen.
- Wenn ein Arzt einen gebrochenen Knochen eines Bürgers heilt oder einen kranken ‘Strang’* gesund macht, so soll der Patient dem Arzt fünf Scheqel Silber geben. Wenn es sich um einen Palastangehörigen handelt, so soll er drei Scheqel Silber geben. Wenn es sich um den Sklaven eines Bürgers handelt, so soll der Eigentümer des Sklaven dem Arzt zwei Scheqel Silber geben.”
* Ein Scheqel entspricht etwa 8 1/3 Gramm. In der Zeit Hammurapis konnte bereits für 20 Scheqel Silber ein Sklave erworben werden.
* In der altorientalischen Medizin bezeichnet das Wort “Strang” gleichermaßen “Sehne”, “Muskel”, “Blutgefäß” und “Nerven(strang)”
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Ägypten
Insgesamt 13 medizinische Papyri geben uns Auskunft über alle Bereiche ärztlichen Wissens und Handelns; hinzu kommen mehrere Ostraka (beschriebene Topf- oder Kalksteinscherben) mit Rezepten. Die ältesten dieser Papyri stammen aus dem Mittleren Reich (um 2000 v.u.Z.), die jüngsten wurden am Ende der Pharaonenzeit geschrieben. Hauptquellen für die pharaonische Medizin sind der Papyrus Ebers (die schönste und mit 108 Kolumnen längste ägyptische Handschrift) und der Papyrus Smith.
Der erstgenannte ist eine »Sammelhandschrift«, eine Zusammenstellung unterschiedlicher Fachgebiete: Den größten Raum nehmen die inneren Krankheiten ein, vornehmlich Erkrankungen des Magens, verschiedenartige Verdauungsstörungen und deren Auswirkungen auf den ganzen Körper. Auch für Kinder gibt es spezielle Mittel (darunter ein Betäubungsmittel gegen allzu großes Geschrei). Prognosen machen Aussagen darüber, ob eine Schwangerschaft vorliegt, welches Geschlecht das Kind haben und ob es lebensfähig sein wird. - Als ein SpezLalbuch ist schließlich noch der sogenannte Veterinär-Papyrus zu nennen, der Tiere, Rinder, Fische als »Patienten« bezeichnet, möglicherweise eine Art Kompendium für den Opferpriester, der kranke Tiere aussondern muß. Gegenüber den Sammelhandschriften mit unterschiedlichen Sachgruppen und Textgattungen ist der Papyrus Smith ein »Fachbuch der Wundbehandlung«, übersichtlich aufgebaut und nach klaren Prinzipien gegliedert. Beginnend mit dem Kopf (Schädelbrüche), werden Wunden durch Brüche oder andersartige Verletzungen in einer Art Lehrbuch behandelt, jeder Fall streng nach demselben Schema: Nach der Überschrift (Splitterbruch am Schädel) beginnt es mit der Untersuchung (wenn du findest), der Diagnose (dann sollst du dazu sagen) und dem Verdikt (heilbar, unsicher oder nicht heilbar). Es folgt die Therapie (dann sollst du ihn folgendermaßen behandeln).
Doch nicht immer liegen die Ursachen von Krankheiten so deutlich vor den Augen des Arztes. In vielen Fällen (vornehmlich bei fieberhaften Erkrankungen, Erkältungen, Kopfschmerzen und Geisteskrankheiten) hilft dann die Theorie, daß dämonische Einwirkungen vorliegen (sei es eine Bestrafung durch Götter nach Verstößen gegen die von ihnen gesetzte Ordnung, sei es eine Verhexung durch einen übelwollenden Mitmenschen), hl solchen Fällen wird die Hilfe im Gebet oder im »Gegenzauber« gesucht, d.h. die Medizin überschreitet die ohnehin stets fließend gebliebene Grenze zwischen Naturwissenschaft und Religion (denn auch die Magie ist ein Teil der Religion). So (fast) frei von jeglicher Magie der Papyrus Smith uns begegnet und als ein Beispiel früher exakter Naturwissenschaft erscheint, so deutlich wird gerade an diesem Fall, daß der Mensch offenbar bald an die Grenzen seiner Möglichkeiten hinsichtlich seiner Einwirkung auf die Natur und die Schöpfung gekommen und zu der Einsicht gelangt ist, daß die göttlichen (und dämonischen) Mächte über ihm stärker sind als alle seine Erkenntnisse und Erfahrungen.
Wolfhart Westendorf (Ägyptische Medizin)
http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/propylaeumdok/864/1/Maul_Erste_Medizinkonzepte_zwischen_Magie_und_Vernunft_1993.pdf
https://www.nar.uni-heidelberg.de/pdf/newsletter/nl7_maul_2001.pdf
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