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Kiš



Kiš oder Kisch (arab. Tall al-Uhaymir, auch el-Oheimir) war eine Stadt im Überschwemmungsgebiet des Euphrat und in der Nähe des Tigris im heutigen Zentral-Irak, 13 Kilometer östlich von Babylon und etwa 80 Kilometer südlich von Bagdad gelegen. Die Stadt existierte etwa ab 3000 v.u.Z.. Kiš war laut der Tradition der sumerischen Königsliste das erste Königreich im Zweistromland und entstand direkt nach der Flut. Etwa um das Jahr 1335 wird Kiš von den Mongolen zerstört und danach nicht mehr besiedelt

Die Ausgrabungsfunde belegen einen Friedhof, eine Zikkurat zu Ehren des Staatsgottes Zababa, welches um 2500 v.u.Z. erbaut wurde und einen Tempel aus dem 6. Jahrhundert v.u.Z., der vermutlich der sumerischen Göttin Inanna gewidmet war. Der Bau des Tempels wird mit Nebukadnezar II. in Zusammenhang gebracht. Herausragendstes Monument für die frühe Epoche ist vor allem der Königspalast, möglicherweise des ersten historisch gesicherten sumerischen Herrschers Mesilim.

Erste Besiedlungen fand in der Ǧemdet-Nasr-Zeit (ca. 3100–2900 v.u.Z.) statt. Mit dem Beginn der frühdynastischen Zeit (ca. 2800–2340 v.u.Z.) beginnt die Blütezeit von Kiš. In der zweiten Phase der frühdynastischen Zeit werden die berühmten Wagengräber von Kiš angelegt.
Aus diesen Königsgräbern von Ur und Kiš stammen die ältesten archäologischen Funde von Wagenteilen. (Q2)


Ruinen der Zikkurat Unirkutshumah von Kish



1. Dynastie von Kish (Etana-Dynastie) um 2800-2550 v.u.Z.

Etana war gemäß der sumerischen Königsliste der erste irdische König nach der großen Flut, der die erste Dynastie von Kiš begründete. Er ist Hauptakteur im „Etana Mythos

Enmebaragesi oder Mebaragesi (ca. 2615-2585 v.u.Z.) ist der erste sumerische Herrscher, der auch auf zeitgenössischen Denkmälern belegt ist. Sein Name erscheint auf einer Steinschale aus Hafaǧi. Die Tummal-Inschrift besagt über ihn, dass er den Tempel des Enlil in Nippur errichten lässt.

Agga (oder Aka) (2601-2581 v.u.Z. oder 2585–2550 v.u.Z.) Der Streit zwischen Agga und Gilgamesch wird in der Erzählung Gilgamesch und Agga erzählt. Er war der letzte Herrscher der Etana-Dynastie und wurde von Gilgamesch, dem König von Uruk, um 2570 v.u.Z. besiegt. Die komplette Handlung ist nicht in das Gilgamesch-Epos eingegangen und beschreibt vielleicht wirklich eine reale Begebenheit. Entsprechend werden die beiden Herrscher auch auf der Inschrift von Tummal erwähnt. Die Tummal Inschrift wurde jedoch erst in der Zeit der ersten Dynastie von Isin (2017–1794 v.u.Z.) angefertigt.

Ḫafāǧī ist ein altorientalischer archäologischer Fundort im Diyala/Hamrin-Gebiet im heutigen Irak und wird mit dem historischen Tutub und mit Dur-Šamšuiluna identifiziert. Der älteste Tempel Ḫafāǧīs wird nach dem Mondgott Sîn benannt und wurde in der Dschemdet-Nasr-Zeit gegründet. Südlich des Sin-Tempels wurden Reste eines weiteren, in der frühdynastischen Zeit errichteten Sakralbaus gefunden. Dieses Gebäude wird als Tempel der sumerischen Muttergottheit Nintu angesehen. Am Ende der frühdynastischen Zeit I – um 2750 v.u.Z. – wurde der heilige Bezirk von Ḫafāǧī mit zwei oval verlaufenden Mauern umgeben.


2. Dynastie von Kish um 2550-2400 v.u.Z. 

Mesilim, auch Mesalim, (etwa 2600/2400 v.u.Z.), ist durch viele Votivgaben und Tempelbauten, die seinen Namen tragen, vor allem aus Girsu, Lagash und Adab bekannt geworden. Er hat im Grenzkonflikte zwischen Lagash und Umma geschlichtet.
-> Keulenkopf von Mesilim


3. Dynastie von Kish um 2400 v.u.Z.

-> Kubaba

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Die frühe Geschichte des Königreichs Kiš


Kiš besteht unter anderem aus den Siedlungen Uhaimir (West, Schrein von Zababa) und Ingharra (Ost, Schrein von Inana) und reicht bis in die späte Uruk-Zeit (4000–3000 v.u.Z.) zurück.
Eine bei Kiš gefundene Steintafel wurde früher als eines der frühesten Denkmäler der Keilschrift angesehen, obwohl Robert Englund darauf hinweist, dass dieser Text nichts zeigt, was mit dem Uruk-III-Entwicklungsstadium der Keilschrift nicht vereinbar wäre. Darüber hinaus tauchten an der Stelle weitere protokeilförmige Texte auf Ton auf.

Ein Denkmal von außergewöhnlichem Interesse ist eine kleine Tafel aus schwarzem Stein, die von der Expedition von Henri de Genouillac in den Jahren 1912–1913 in Uhaimir nicht ausgegraben wurde.

Dies ist ein Relief, das eine Szene zeigt, die vor einem Gebäude stattfindet, dessen Aussehen mit dem der monumentalen Architektur von Uruk - Jemdet Nasr (3000–2800 v.u.Z.) identisch ist. Die Szene umfasste zwei Persönlichkeiten, die durch ihre Kostüme und Bärte als Männer identifiziert wurden. Der kleine Mann rechts, der sich dem größeren links nähert, hebt seine Hand zur Begrüßung (?), berührt aber offenbar den Arm des großen Mannes in der Nähe der Achselhöhle. Der große Mann legt seinerseits seine umklammerte Hand auf den Kopf des kleinen Mannes. Es ist nicht klar, was genau der Große Mann tut. Die Idee, einen Nachfolger im Amt zu salben, bietet sich aber als überzeugend an.

Das frühdynastische Ur (Phase ED I 2900–2750 v.u.Z.) stellt offensichtlich die Fortsetzung der spät-urukzeitlichen Herrschaft der Stadt Uruk dar, also eine Art translatio regni (ein Reich löst das andere Reich ab, siehe auch "Translatio imperii"), in der Kiš wohl unter der Dominaz von Uruk bzw. Ur liegt. Der Beginn der frühdynastischen Geschichte scheint somit unter dem Zeichen von Ur inszeniert worden zu sei, wobei der Titel der Ur-Regenten "NAMEŠDA" gelautet haben könnte. Im Verlauf der frühdynastischen Periode (2800–2340 v..u.Z.) scheint die Vorherrschaft des auf Ur basierenden Gemeinwesens den Ambitionen der Kiš-Könige gewichen zu sein. Die Texte aus Fara, dem alten Šuruppak, zeugen davon, dass ein Teil der Stätten und Gemeinden, die einst zur Ur-zentrierten Sphäre gehörten, jetzt dem Befehl von Kiš folgen.
Die wachsende Macht der Kiš-Herrscher hat sich in Veränderungen niedergeschlagen, die am Ausgrabungsort von Kiš erkennbar sind. Obwohl unser Wissen über das frühdynastische Kiš dürftig ist, zeigt es sowohl Verwaltungspraktiken, die sich von denen von Ur unterscheiden, als auch Anzeichen von öffentlicher Macht, die mit dem Ruhm der königlichen Gräber von Ur vereinbar sind. Auch in Kiš gab es Bestattungen von Elite-Wagengespannen, die mit den königlichen Gräbern von Ur vergleichbar sind, sowie einen königlichen Palast. Womöglich wurden auch die Fürbitte-Statuen aus Stein zu dieser Zeit in Kiš eingeführt. Siegel des späten frühdynastischen Phase (ED II 2750–2600 v.u.Z.) zeigen auf Inschriften aus Kiš den Titel "LUGAL" ("großer Mann" = Herrscher), obwohl der Herrscher vorher wohl den Titel "En" ("Herr") trug. Dies hat keine Parallelen in Ur vor der Zeit der königlichen Gräber ( ersten Hälfte des 3. Jahrtausends v.u.Z.). Auf welche Weise die Übernahme von (Teilen von) Sumer durch Kiš aus Ur erfolgte, ist nicht klar. Es war jedoch offensichtlich eine Veränderung, die von der Gesamtbevölkerung von Sumer akzeptiert wurde, gegen die sich die in Ur ansässigen Souveräne anscheinend hilflos fühlten. Die Legitimität des königlichen Titels von Kiš scheint stark genug gewesen zu sein, um diese Veränderung durchzusetzen. Angesichts dieser Situation reagierten die in Ur ansässigen Souveräne indem sie die Produktion ihrer Wirtschaft und insbesondere des Handels intensivierten und ihre Untertanen anwiesen, in die Utensilien des prunkvollen Lebens an ihrem Hof ​​zu investieren. Das stolze Kiš scheint dann jedoch von einer Katastrophen von beträchtlicher Größe am Boden zerstört worden zu sein, und seine Macht und Herrlichkeit verschwanden. Ob dies auf die Kräfte der Natur zurückzuführen war oder ob das Kiš-Reich von den Kriegern von Ur angegriffen wurde, die das Leben des Šuruppak-Establishments (in Kiš) beendeten ist schwer zu sagen. Zu Beginn der ED III-Periode (2600-2340 v.u.Z.) gab es jedoch offensichtlich zwei Großmächte, die die Hegemonie über Sumer bestritten, die von Kiš und Ur. Unnötig zu erwähnen, dass Ur in kurzer Zeit auch durch feindliche Aktionen in Asche gelegt wurde und das Rad der Kriege und Verwüstungen seine Bewegung mit einer beeindruckenden Regelmäßigkeit bis zum Beginn der altakkadischen Periode fortsetzte.
Die Anwesenheit von zwei Großmächten erforderte womöglich die Einführung einer Schiedsrichterinstitution, die prestigeträchtig genug war, um über ihre Rivalität zu entscheiden. Dies war wahrscheinlich die Grundlage für die öffentliche Rolle von Nippur, der Stadt, der Gott Enlil das „Zepter des Landes“ gab.





Henri de Genouillac





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